Die Scheinanlage 'Brasilien' - Begleitbüro SOUP

Zwischen 1940 und Anfang 1943 wurde von der deutschen Luftwaffe unter der Tarnbezeichnung 'Brasilien' nordwestlich von Lauffen am Neckar auf offenem Feld eine sogenannte 'Scheinanlage' betrieben, deren einziger Zweck es war, für Stuttgart gehalten und entsprechend nachhaltig bombardiert zu werden. Zentrales Objekt der Anlage war eine aus Holz und Rupfen gefertigte Attrappe des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Zahlreiche nach oben abgeblendete elektrische Lampen im Umfeld täuschten beleuchtete Gleisanlagen, Straßen und Lichter von Gebäuden vor. Künstliche Lichtblitze sollten den Eindruck fahrender Straßenbahnen hervorrufen. Eine massive Flugabwehr samt Scheinwerferbatterien bildete den realistischen Höhepunkt des Szenarios. Bis zur Erfindung nachtflugtauglicher Navigationssysteme hat „Brasilien“ tatsächlich mehrere Nachtangriffe auf sich ziehen können, was nicht wenigen Lauffener Bürgern das Leben kostete. Nach dem Krieg entschuldigte sich der Stuttgarter Oberbürgermeister Arnulf Klett dafür, dass Lauffen in jenen Jahren für die Landeshauptstadt „den Kopf hinhalten“ musste.

        

'Die Scheinanlage Brasilien' als freie künstlerische Interpretation in Form einer Konstruktion aus Tapeziertischen; einem Flugzeug, wie auch der früheren Gesamtform des Stuttgarter Hauptbahnhofes nachempfunden. Kunst und Gesellschaft, Württembergischer Kunstverein 2010

 

'Ticketschalter BRASILIEN', Begleitbüro SOUP, 6.09.-3.10.2021 Projektraum OSTEND